Juli 2018: Bekanntmachung des Staatsministeriums des Innern und für Integration (StMi) zur Vergabe ‎von ‎Aufträgen im kommunalen Bereich – Ausgewählte Schwerpunkte


09.08.2018: Nachdem wir bereits im Newsletter Juni einen ersten Überblick zu den wichtigsten Inhalten der Bekanntmachung des Staatsministeriums des Innern und für Integration (StMi) zur Vergabe von ‎Aufträgen im kommunalen Bereich vom 18.05.2018 gegeben haben, werden wir in den folgenden Ausgaben des Newsletters, im „Thema des Monats“ einige ausgewählte Schwerpunkten der Bekanntmachung eingehender erörtern.
 

Der folgende Beitrag befasst sich mit der Vergabe freiberuflicher Dienstleistungen deren Vergabegrundsätze sich aus der Anlage 1 (Nrn. 1.11.1 bis 1.11.9) der vorgenannten Bekanntmachung ergeben. Eine schematische Darstellung der Vergabe von freiberuflichen Dienstleistungen findet sich in der Anlage 3 der Bekanntmachung.


Freiberufliche Dienstleistungen
Zunächst wird klargestellt, dass die in der Anlage1 genannten Bestimmungen (Nrn. 1.11.2 bis 1.11.9) bei der Vergabe von freiberuflichen Dienstleistungen abschließend sind. Förderrechtliche Bestimmungen im Einzelfall davon jedoch unberührt bleiben, wobei hier besonders auf EU-kofinanzierte Projekte hingewiesen wird.
 

Was freiberuflichen Dienstleistungen sind, wird unter Hinweis auf Leistungen die im Rahmen einer freiberuflichen Tätigkeit im Sinne von § 18 Abs.1 Nr. 1 des Einkommensteuergesetzes (EStG) erbracht oder im Wettbewerb mit freiberuflich Tätigen angeboten werden, definiert.

 

Vergabe im Wettbewerb
Freiberufliche Dienstleistungen werden grundsätzlich im Wettbewerb vergeben, dabei ist der Haushaltsgrundsatz der Sparsamkeit und Wirtschaftlichkeit zu beachten. Zur Sicherstellung des Wettbewerbs sind mindestens drei Bewerber aufzufordern, ein Angebot abzugeben. Die Abgabe der Angebote hat dabei in Textform zu erfolgen. Die Gründe für die Auswahl des erfolgreichen Bewerbers sind zu dokumentieren.

 

Vereinfachte Vergabe

Bei Vorliegen der in den Nrn. 1.11.4 bis 1.11.8 der Anlage 1 genannten Voraussetzungen kann auch eine vereinfachte Vergabe durchgeführt werden.
 

Direktvergabe an einen geeigneten Bewerber (Nrn. 1.11.4)

  • Aufträge mit einem voraussichtlichen Gesamtwert (einschließlich der Nebenkosten) bis 10 000 Euro (ohne Umsatzsteuer),
  • Beachtung des Haushaltsgrundsatzes der Sparsamkeit und Wirtschaftlichkeit

 

Vergabe nach Verhandlungen mit nur einem geeigneten Bewerber (Nrn. 1.11.5, 1.11.7)

  • Freiberufliche Dienstleistungen, deren Honorare verbindlich in der Honorarordnung für Architekten und Ingenieure (HOAI) geregelt sind,
  • Grundleistungen werden nach den Mindestsätzen der entsprechenden Honorarzone honoriert,
  • voraussichtlicher Gesamtauftragswert (einschließlich Nebenkosten, einem eventuellen Umbauzuschlag und zusätzlichen und/oder besonderen Leistungen) von 100.000 Euro bis zum unterhalb des zum Zeitpunkt der Einleitung des Vergabeverfahrens geltenden EU-Schwellenwertes für Liefer- und Dienstleistungen (zurzeit 221.000 Euro, 144.000 EUR für oberste und obere Bundesbehörden),
  • Nebenkosten werden höchstens mit einem Anteil von 4 % und ein Umbauzuschlag wird höchstens mit einen Anteil von 20 % des Honorars für die Grundleistungen vereinbart,
  • zusätzliche und/oder besondere Leistungen dürfen einen Anteil von 10 % des Gesamtauftragswertes nicht überschreiten,
  • Beachtung des Haushaltsgrundsatzes der Sparsamkeit und Wirtschaftlichkeit.
  • Eignungsanfrage bei mindestens drei möglichen Bewerbern, vor der Aufforderung dieses Bewerbers zur Angebotsabgabe,
  • Auswahl des Bewerbers, mit dem verhandelt werden soll, nach sachgerechten Kriterien und Dokumentation der für die Auswahl maßgeblichen Erwägungen,
  • regionale Streuung und Wechsel des Bewerberkreis und entsprechende Dokumentation,
  • Anforderungen in einer möglichen Eignungsanfrage sind bei geeigneter Aufgabenstellung so zu wählen, dass Beteiligung kleinerer Büroorganisationen und von Berufsanfängern möglich ist.
  • Beispiele für mögliche Anforderungen in einer Eignungsanfrage: geeignete Referenzen über früher, insbesondere für öffentliche Auftraggeber ausgeführte Aufträge, Angabe der technischen Fachkräfte oder der technischen Stellen, die im Zusammenhang mit der Leistungserbringung eingesetzt werden sollen, Maßnahmen zur Qualitätskontrolle der eigenen Leistung, Studien- und Ausbildungsnachweise sowie Bescheinigungen über die Erlaubnis zur Berufsausübung, durchschnittliche jährliche Beschäftigtenzahl in den letzten drei Jahren, Angaben zur Ausstattung, über die der Bewerber für die Ausführung des Auftrags verfügt, Berufs- oder Betriebshaftpflichtversicherung in geeigneter Höhe.

 

Vergabe nach Auftragsverhandlung mit nur einem geeigneten Bewerber (Nrn. 1.11.6, 1.11.7)

  • Freiberufliche Dienstleistungen, deren Honorare verbindlich in der Honorarordnung für Architekten und Ingenieure (HOAI) geregelt sind,
  • Grundleistungen werden nach den Mindestsätzen der entsprechenden Honorarzone honoriert,
  • bis zu einem geschätzten Gesamtauftragswert (einschließlich Nebenkosten, einem eventuellen Umbauzuschlag und zusätzlichen und/oder besonderen Leistungen) von 100 000 Euro (ohne Umsatzsteuer),
  • Nebenkosten werden höchstens mit einem Anteil von 4 % und ein Umbauzuschlag wird höchstens mit einen Anteil von 20 % des Honorars für die Grundleistungen vereinbart,
  • zusätzliche und/oder besondere Leistungen dürfen einen Anteil von 10 % des Gesamtauftragswertes nicht überschreiten,
  • nach erfolgter Eignungsanfrage,
  • regionale Streuung und Wechsel des Bewerberkreises und entsprechende Dokumentation.

 

Freiberufliche Dienstleistungen von Prüfingenieuren und Prüfsachverständigen

 

Vergabe nach Verhandlung mit nur einem geeigneten Bewerber (Nrn. 1.11.8)

  • Gebühren und Honorare sind verbindlich in der Verordnung über die Prüfingenieure, Prüfämter und Prüfsachverständigen im Bauwesen (PrüfVBau) geregelt sind,
  • bis zu einem Gesamtauftragswert unterhalb des zum Zeitpunkt der Einleitung des Vergabeverfahrens geltenden EU-Schwellenwertes für Liefer- und Dienstleistungen (ohne Umsatzsteuer),
  • zusätzliche und/oder besondere Leistungen dürfen einen Anteil von 10 % des Gesamtauftragswertes nicht überschreiten,
  • regionale Streuung und Wechsel des Bewerberkreis und entsprechende Dokumentation.

 

Planungswettbewerbe (Nrn. 1.11.9)

Die Möglichkeit, Planungswettbewerbe durchzuführen, besteht. Hinsichtlich der Durchführung von Planungswettbewerben wird auf die Richtlinie für Planungswettbewerbe in der durch Bekanntmachung der Obersten Baubehörde im Staatsministerium des Innern vom 1. Oktober 2013 (AllMBl S. 404) eingeführten Fassung verwiesen und deren Anwendung empfohlen.

 

Hinweis

Das StMi weist darauf hin, dass sich der Bayerische Oberste Rechnungshof in seiner Stellungnahme zur Bekanntmachung vorbehalten hat, die Umsetzung in der Praxis zu gegebener Zeit zu untersuchen. Dies gelte insbesondere für den Vollzug der neuen Möglichkeiten zur vereinfachten Vergabe von HOAI-gebundenen Architekten- und Ingenieurleistungen. Deshalb werden die kommunalen Auftraggeber um strikte Beachtung der in der Bekanntmachung verbindlich festgelegten Vergabegrundsätze und Voraussetzungen für die erleichterte Vergabe von freiberuflichen Leistungen gebeten. Bei binnenmarktrelevanten Aufträgen gelte dies auch für die Geltung des europäischen Primärrechts. Hier komme der Dokumentation wesentlicher Maßnahmen und Entscheidungen in einem Vergabeverfahren erhebliches Gewicht zu. Auf das Schreiben des StMi vom 29.09.2017, IB3-1512-31-22, zur Rechnungsprüfung 2016 wird Bezug genommen.

 

Stand: Juli 2018
 

Ihr persönlicher Kontakt Steffen Müller
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