Mai 2021: Neue Richtlinie zur Verhütung und Bekämpfung von Korruption in der öffentlichen Verwaltung ‎‎(Korruptionsbekämpfungsrichtlinie – KorruR)‎

 

Mit Bekanntmachung vom 13. April 2021, Az. B II 2-515-238 hat die Bayerische Staatsregierung die neue Richtlinie zur Verhütung und Bekämpfung von Korruption in der öffentlichen Verwaltung (Korruptionsbekämpfungsrichtlinie – KorruR) veröffentlicht. Die Bekanntmachung ist am 1. Mai 2021 in Kraft getreten. Sie löst die mit Bekanntmachung der Bayerischen Staatsregierung veröffentlichte Richtlinie zur Verhütung und Bekämpfung von Korruption in der öffentlichen Verwaltung (Korruptionsbekämpfungsrichtlinie – KorruR) vom 13. April 2004 (AllMBl. S. 87, StAnz. Nr. 17, KWMBl. I S. 124), die durch Bekanntmachung vom 14. September 2010 (AllMBl. S. 243) geändert wurde, ab. Die Änderungen und Ergänzungen zur bisherigen Richtlinie, die überschaubar sind, sollen mit dem Beitrag in den Blick genommen werden.

 

1.1 Geltungsbereich

In der Richtlinie ist der Geltungsbereich auf alle Behörden und Gerichte des Freistaates Bayern erstreckt. Wobei sie auf richterliches Personal nur insoweit Anwendung, als die richterliche Unabhängigkeit dies zulässt. Aus Sicht des Vergaberechts ist zu ergänzen, dass die Bekanntmachung der Bayerischen Staatsregierung über die Verwaltungsvorschrift zum öffentlichen Auftragswesen (VVöA) vom 24. März 2020 (BayMBl. Nr. 155), die zuletzt durch Bekanntmachung vom 6. Dezember 2020 (BayMBl. Nr. 740) geändert worden ist zwingend nach Nr. 4. für die staatlichen Auftraggeber bei der Vergabe von öffentlichen Aufträgen unterhalb der EU-Schwellenwerte die Anwendung der Korruptionsbekämpfungsrichtlinie in der jeweils geltenden Fassung vorsieht. Den kommunalen Auftraggebern empfiehlt die Bekanntmachung zu Vergaben im kommunalen Bereich des Bayerischen Staatsministeriums des Inneren und für Intergration über die Vergabe von Aufträgen im kommunalen Bereich vom 31. Juli 2018 (AllMBl. S. 547), die zuletzt durch Bekanntmachung vom 8. Dezember 2020 (BayMBl. Nr. 787) geändert worden ist nach Nr. 4.3 die Anwendung der Korruptionsbekämpfungsrichtlinie.

 

1.2 Korruptionsgefährdete Bereiche
 

1.2.1 Begriffsbestimmungen

Wie bisher bestimmt die neue Richtlinie einen „korruptionsgefährdeten“ und einen „besonders korruptionsgefährdeten“ Arbeitsbereich und stuft die Vorbereitung und Entscheidung über die Vergabe von öffentlichen Aufträgen und Konzessionen als „besonders korruptionsgefährdeten“ Arbeitsbereich ein. Hierbei handelt es sich um einen Arbeitsbereich, bei dem durch das Verhalten eines dort Beschäftigten oder durch eine dort getroffene Entscheidung der mögliche Vorteil oder die mögliche Belastung für einen Dritten von besonderer Bedeutung ist. Neu ist der Begriff der „besonders systematischen Korruptionsgefährdung“. Sie wird angenommen, wenn – zusätzlich zu den Merkmalen einer besonderen Korruptionsgefährdung – die Gesamtumstände eine längerfristig angelegte feste Beziehungsstruktur, die oftmals mehrere Beschäftigte einbindet, ermöglichen.

 

1.2.2 Gefährdungsfeststellung

Neu ist die Regelung zur Gefährdungsfeststellung, das heißt, ob ein Arbeitsbereich korruptionsgefährdet ist. Die Festlegung ist mindestens alle vier Jahre zu prüfen und zu aktualisieren. Bei wesentlichen Aufgaben-, Organisations- oder Rechtsänderungen ist unverzüglich eine Gefährdungsanalyse zu erstellen. Die Gefährdungsanalyse beruht allein auf objektiven, aufgabenbezogenen Merkmalen, die in einem standardisierten Verfahren erhoben und beurteilt werden. Dabei kann die vom Staatsministerium des Innern, für Sport und Integration (Innenministerium) herausgegebene Handreichung zur Feststellung korruptionsgefährdeter und besonders korruptionsgefährdeter Bereiche als Leitlinie herangezogen werden.

 

2. Personelle Maßnahmen

 

2.5 Personalrotation

Personalrotation wird weiter als Mittel zur Korruptionsvorbeugung gesehen. Neu ist, dass für Arbeitsbereiche mit besonderer systematischer Korruptionsgefährdung angestrebt wird, die Verwendungszeit der Beschäftigten in einem Arbeitsbereich grundsätzlich von bisher sieben Jahren auf fünf Jahre zu beschränken. Ausnahmen aus dringenden dienstlichen Gründen bleiben zulässig.

 

3. Organisatorische Kontrollmechanismen

 

3.3 Mehraugenprinzip

Bei den Ausführungen zum Mehraugenprinzip wird für den Bereich des Haushalts-und Vergaberechts jetzt ausdrücklich auf die gesetzlichen Regelungen in Art.70 der Bayerischen Haushaltsordnung–BayHO sowie Nr.10.3 Verwaltungsvorschriften zur Bayerischen Haushaltsordnung hierzu; § 55 Abs.2 der Vergabeverordnung, § 40 Abs.2 der Unterschwellenvergabeordnung sowie § 14 Abs.1 der Vergabe-und Vertragsordnung für Bauleistungen Teil A–VOB/A, § 14 EU Abs.1 VOB/A, § 14 VS Abs.1 VOB/A hingewiesen.

 

3.5 Ansprechpartner für Korruptionsvorsorge

Die Bestellung von Ansprechpartnern für Korruptionsvorsorge, die auch für mehrere Dienststellen zuständig sein können, ist jetzt zwingend.

 

7. Ergänzende Regelungen für spezielle Bereiche

 

7. Regelungen zur Verhütung von Manipulationen im Vergabewesen

 

7.1.1 Allgemeines

Es bleibt bei den bisherigen Regelungen, nach denen die Vergabestellen durch geeignete Maßnahmen ein korrektes Verhalten aller an der Vergabe Beteiligten, einen nach den Umständen der Beschaffungsmaßnahme möglichst uneingeschränkten Wettbewerb, ein jederzeit transparentes und nachvollziehbares Verfahren und die Vergabe auf das wirtschaftlichste Angebot sicherstellen. Zur Verhinderung oder Erschwerung sind die zur Beachtung der Vergabevorschriften erforderlichen organisatorischen Maßnahmen zu treffen. Die Dienststellen haben insbesondere dafür zu sorgen, dass qualifizierte Beschäftigte in ausreichender Anzahl mit Vergabeangelegenheiten befasst werden, sie sind laufend fachlich fortzubilden.

 

7.1.2 Strikte Beachtung der vergaberechtlichen Vorschriften

Die neue Regelung sieht zur Verhinderung von Manipulationen im Vergabewesen die strikte Einhaltung der jeweils aktuell geltenden Vergabevorschriften unter Beachtung der ergänzenden Hinweise in Anlage 1 vor. Soweit jedoch Vergabehandbücher (zum Beispiel VHB Bayern, VHL Bayern, VHF Bayern) eingeführt sind, haben deren Regelungen Vorrang gegenüber den Hinweisen der Anlage 1. Die Anlage 1 enthält für die Vergabe von Bau-, Liefer- und Dienstleistungen Hinweise zu organisatorischen Vorkehrungen, Vertragsbedingungen, Maßnahmen nach der Angebotsabgabe bis zum Zuschlag und Maßnahmen während der Ausführung von Bauleistungen.

 

7.1.5 Ergänzende Dokumentation von Vergaben

Die schon bisher an jeder Dienststelle zu führende zentrale Liste, in der alle Beschränkten Ausschreibungen und Freihändigen Vergaben ab 2500 € (netto) zu erfassen waren, wird um die Erfassung von Verhandlungsvergaben ohne Teilnahmewettbewerb sowie Direktaufträge ab 2 500 € erweitert. Wobei Gegenstand und Umfang der Vergabe, Auftragnehmer, Name des Sachbearbeiters, Verfahrensart und Grund für die Verfahrenswahl anzugeben sind. Die Liste, das ist ebenfalls neu, ist mindestens jährlich der Innenrevision zuzuleiten.

 

7.1.6 Private Erfüllungsgehilfen des öffentlichen Auftraggebers

Bei der Verpflichtung von Personen nach dem Verpflichtungsgesetz, die im Rahmen einer Videokonferenz erfolgt, werden zwei Ausfertigungen der Niederschrift zunächst von der verpflichtenden Person unterschrieben. Diese Ausfertigungen werden dem Auftragnehmer mit der Aufforderung übersandt, ein Exemplar nach Gegenzeichnung durch die verpflichtete Person dem Auftraggeber zurückzusenden. Wer eine bereits erfolgte Verpflichtung nicht nachweisen kann, ist bei der Wahrnehmung von Aufgaben der öffentlichen Verwaltung erneut zu verpflichten. Für die Niederschrift der Belehrung ist das in der Anlage 2 „Niederschrift über die Verpflichtung zur gewissenhaften Erfüllung von Obliegenheiten nach dem Verpflichtungsgesetz“ beigefügt Formblatt zu verwenden.

 

7.1.8 Informationsstelle für Vergabeausschlüsse

Für den Bereich der bayerischen Staatsbau- und Wasserwirtschaftsverwaltung wird bis zur Inbetriebnahme des beim Bundeskartellamt einzurichtenden Wettbewerbsregisters nach dem Wettbewerbsregistergesetz eine verwaltungsinterne Ausschlussliste beim Staatsministerium für Wohnen, Bau und Verkehr geführt. Voraussetzung für eine Eintragung ist, dass der Bieter nachweislich eine schwere Verfehlung begangen hat, die seine Zuverlässigkeit in Frage stellt. Dies ist insbesondere dann der Fall, wenn die in § 2 des Wettbewerbsregistergesetzes (WRegG) genannten Eintragungsvoraussetzungen vorliegen. Dem betreffenden Unternehmen ist vor Erlass einer Ausschlussverfügung Gelegenheit zur Äußerung gegebenenfalls mit mündlicher Anhörung zu geben. Die nachgeordneten Behörden sowie die sonstigen mit Bauaufgaben befassten Ressorts können die Liste in einem zugangsgeschützten Bereich im Intranet einsehen. In der Liste werden auch Unternehmen erfasst, die bei anderen öffentlichen Auftraggebern (zum Beispiel Kommunen) Verfehlungen begehen. Diese Auftraggeber erhalten auf Anfrage auch die in der Liste erfassten Unternehmen benannt. Die Ausschlussdauer beträgt nach Maßgabe von § 7 WRegG zwischen drei und fünf Jahre ab Unanfechtbarkeit der zum Ausschluss führenden gerichtlichen oder bußgeldrechtlichen Entscheidung. Eine kürzere Ausschlussdauer ist möglich, wenn das Unternehmen nach Maßgabe von § 125 des Gesetzes gegen Wettbewerbsbeschränkungen erfolgreiche Selbstreinigungsmaßnahmen durchgeführt hat. Von einem Ausschluss kann abgesehen werden, wenn trotz bestehender Eintragungsvoraussetzungen Selbstreinigungsmaßnahmen zum Zeitpunkt der Anhörung der Vertreter des betroffenen Unternehmens vollständig nachgewiesen werden können.

 

Die Korruptionsbekämpfungsrichtlinie finden Sie hier.

 

Stand: Mai 2021

 

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