Bericht zum 8. Vergabetag Bayern am 22. Oktober 2020

Am 22. Oktober fand der 8. Vergabetag Bayern – coronabedingt – das erste Mal als Hybridveranstaltung statt. Rund 40 Präsenzteilnehmer im Forum der IHK-Akademie München sowie 170 Onlineteilnehmer via Livestream informierten sich über die aktuellen Entwicklungen im Vergaberecht.

 

Die Veranstaltung wurde – wie in den Vorjahren – in Kooperation mit der Bayerischen Architektenkammer sowie der Bayerischen Ingenieurekammer Bau durchgeführt.

 

Zwar nicht vor Ort, aber dennoch aktiv; die Onlineteilnehmer machten regen Gebrauch von dem im Livestream angebotenen „Frage-Antwort-Tool“ und richteten rund 50 Anfragen und Anliegen an die Referenten.

 

Neuerungen im Vergaberecht in Bayern

In den ersten Vorträgen des Tages brachten Herr Ministerialrat Stefan Gerbracht und Frau Regierungsdirektorin Ute Merkel die Teilnehmer auf den neuesten Stand im Hinblick auf die vergaberechtlichen Neuerungen in Bayern für staatliche und kommunale Auftraggeber seit März dieses Jahres. Neben den angehobenen Schwellenwerten für den Direktauftrag und die Verhandlungsvergabe wurde die (neue) Möglichkeit des erleichterten Verfahrens bei freiberuflichen Leistungen erwähnt. Herr Gerbracht ging in seinem Vortrag ferner auf die neuen Berichtspflichten öffentlicher Auftraggeber im Zusammenhang mit der Vergabestatistikverordnung (VergStatVO), das Thema Equal Pay sowie die neu erstellte Checkliste des Bayerischen Wirtschaftsministeriums zur Beteiligung von Start-ups bei öffentlichen Ausschreibungen ein. Frau Merkel wies außerdem auf die besonderen technischen und datenschutzrechtlichen Erfordernisse für den Empfang von Angeboten per E-Mail hin.

 

Rechtliche Probleme bei der eVergabe

Der stellvertretende Ministerpräsident und Bayerische ‎Staatsminister für Wirtschaft Hubert Aiwanger hatte es in ‎seinem Grußwort für den Flyer des Vergabetags erwähnt: Die eVergabe ‎erhitzt weiterhin die Gemüter von Beschaffern und Bietern. Wie im Jahr zuvor widmete sich daher Herr Matthias Steck – Vorsitzender der Vergabekammer Südbayern – erneut diesem spannenden Thema ‎ und richtete den Scheinwerfer auf einige ausgewählte rechtliche Probleme der eVergabe, wie etwa, welche Rechte und Pflichten öffentliche Auftraggeber und Bieter bei technischen Problemen mit der verwendeten Plattform bei der Angebotsabgabe haben und wer die Beweislast hierfür trägt. Auch ging er auf die Aspekte Softwareupdates und Textform ein.

 

Nachhaltigkeit der öffentlichen Beschaffung

‎Der Green Deal der EU-Kommission verschafft auch ‎dem Thema Nachhaltigkeit in der Beschaffung ‎wachsende Bedeutung. Laut einer aktuellen KPMG-‎Studie ist hingegen gerade bei den Kommunen kein ‎deutlicher Trend zu mehr Nachhaltigkeit zu erkennen. ‎Aber führt ein Weg daran vorbei? Das ABZ konnte zu diesem Thema Herrn Prof. Dr. Martin ‎Burgi von der Forschungsstelle für Vergaberecht und Verwaltungskooperationen der LMU München gewinnen, der ‎Antworten zu den vergaberechtlichen Auswirkungen ‎der neuen Klimaschutz- und ‎Nach‎haltig‎keitsgesetze lieferte. Kernpunkte des Vortrags waren u. a. die neuen Regelungen im Kreislaufwirtschaftsgesetzt sowie die besonderen Berichtspflichten zu Umweltkriterien nach der VergStatVO.

 

Dass Nachhaltigkeitsaspekte auch bei der Vergabe ‎von Verpflegungsleistungen eine immer wichtigere ‎Rolle spielen, zeigte die ‎Mitverantwortliche des Leitfadens „Vergabe von ‎Verpflegungsleistungen, Qualitätsstandards ‎verankern“, Frau Gabriele Stolle vom Bayerischen ‎Staatsministerium für Ernährung, Landwirtschaft und ‎Forsten, in ihrem Vortrag auf. Dabei ging sie insbesondere auf die Verwendung von Gütezeichen sowie die Verwendung von Bio- und regionalen Produkten ein.

 

Leistungsbestimmungsrecht des öffentlichen Auftraggebers

Welche rechtlichen Rahmenbedingungen auf nationaler und europäischer Ebene für die Ausübung des Leistungsbestimmungsrecht des öffentlichen Auftraggebers bestehen und wie dieses Recht in der Praxis ausgelebt werden kann, standen im Vordergrund des Vortrags von Herrn Rechtsanwalt Dr. Mathias Mantler. Exemplarisch erläuterte er, wie sich das Leistungsbestimmungsrecht bei technischen Spezifikationen oder der Losbildung auswirkt und inwieweit das hierbei ausgeübte Ermessen des Auftraggebers überprüfbar ist.

 

HOAI nach Juli 2019

Zur Geltung bzw. Änderung der HOAI nach der Entscheidung des EuGH im Juli 2019 brachte Herr Rechtsanwalt Fabian Blomeyer, Geschäftsführer Recht und Verwaltung der Bayerischen Architektenkammer, die Zuhörer auf den neuesten Stand und erläuterte, wie sich seit dem Wegfall der verbindlichen Mindest- und Höchstsätze der HOAI die Situation sowohl im Hinblick auf Altverträge als auch bei der Ausschreibung zukünftiger Verträge sowie Wettbewerbe darstellt.

 

Top-5 der neuen VOB/A

Den Abschluss der Veranstaltung bildete der Vortrag von Herrn Rechtsanwalt Uwe-Carsten Völlink, der über die Top-5 der neuen VOB/A referierte. Wichtige Fragen und Anwendungsprobleme im Zusammenhang mit der VOB/A-2019 stellen sich seiner Meinung nach bei der Auswahl der Verfahrensart, der Eignungsprüfung, beim Umgang mit mehreren Hauptangeboten, im Rahmen der e-Vergabe sowie bei der Nachforderung von Unterlagen. Fazit seines Vortrags: Der Deutsche Vergabe- und Vertragsausschuss hat abermals die Chance vertan, eine Angleichung des Bauvergaberechts sowie des Vergaberechts im Liefer- und Dienstleistungsbereich herbeizuführen bzw. einer Rechtszersplitterung entgegenzuwirken. Für den juristisch nicht geschulten Mitarbeiter einer Vergabestelle bestünden weiterhin erhebliche Rechtsunsicherheiten und es sei eine rechtssichere Handhabung des Verfahrens kaum möglich.

 

Den passwortgeschützten Zugang zu den Präsentationen finden Sie nebenstehend im Downloadbereich.

 

Der nächste Vergabetag Bayern findet voraussichtlich wieder im Herbst 2021 statt.
 

Impressionen vom Vergabetag Bayern 2020:
 
Unsere Kooperationspartner:
                          
 
 
 
                      
 

                                                                                                 München, Oktober 2020

 

Ihr persönlicher Kontakt Angelika Höß
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