Bericht zum 9. Vergabetag Bayern am 27. Oktober 2021

Am 27. Oktober fand der 9. Vergabetag Bayern – coronabedingt – das zweite Mal als Hybridveranstaltung statt. Rund 54 Präsenzteilnehmer im Forum der IHK-Akademie München sowie 225 Onlineteilnehmer via Livestream informierten sich über die aktuellen Entwicklungen im Vergaberecht.

 

Die Veranstaltung wurde – wie in den Vorjahren – in Kooperation mit der Bayerischen Architektenkammer sowie der Bayerischen Ingenieurekammer Bau durchgeführt.

 

Sehr aktiv waren dieses Jahr auch wieder die Onlineteilnehmer. Diese machten regen Gebrauch vom im Livestream angebotenen Chat und dem „Frage-und-Antwort-Tool“. Dabei richteten sie rund 35 Anfragen und Anliegen direkt an die Referenten.

 

Aktuelle Neuerungen im Vergaberecht

Im ersten Vortrag des Tages brachte der Leitende Ministerialrat Herr Stefan Gerbracht die Teilnehmer auf den aktuellen Stand zu wichtigen vergaberechtlichen Themen.

Dabei nahm er die befristeten und unbefristeten Wertgrenzen der VVöA (Verwaltungsvorschrift zum öffentlichen Auftragswesen), die Neuerungen im GWB (Gesetz gegen Wettbewerbsbeschränkungen) und in der VgV (Vergabeverordnung) in den Fokus. Im Weiteren stellte er die für das Vergaberecht relevanten Regelungen der am 1. Mai 2021 in Kraft getretenen Neufassung der Korruptionsbekämpfungsrichtlinie (KorruR) vor. Der Vortrag endete mit einem Überblick zum aktuellen Stand des Wettbewerbsregisters, zum am 1. Januar 2022 in Jahr in Kraft tretenden Lieferkettensorgfaltspflichtengesetz (LkSG) und zum bereits seit dem 2. August 2021 anzuwendenden Saubere-Fahrzeuge-Beschaffungs-Gesetz (SaubFahrzeugBeschG).

 

‎Berechnungsmethode und Umgehungsverbot bei der Schätzung des Auftragswerts

Öffentliche Auftraggeber sind in der Praxis sehr häufig mit der Frage der rechtkonformen Berechnungsmethode des geschätzten Auftragswertes konfrontiert. Zu diesem Thema referierte Herr Prof. Dr. Martin ‎Burgi von der Forschungsstelle für Vergaberecht und Verwaltungskooperationen der LMU München. Der Vortrag lieferte eine komprimierte Darstellung der sehr umfangreichen und komplizierten Regelung des § 3 VgV. Dabei ging er vertieft auf den Begriff des Auftragswertes und dessen Bedeutung für das Vergabeverfahren sowie die verschieden Anwendungsbereiche ein und beantwortete Fragen zur funktionalen Betrachtungsweise (Umgehungsverbot), zum relevanten Zeitpunkt für die Schätzung des Auftragswerts, zur Berechnung bei Losaufteilung und zur Dokumentationspflicht.

 

Datenschutz im Vergabeverfahren

Die fortschreitende Digitalisierung verschafft dem Datenschutz im Vergabeverfahren eine ‎stets wachsende Bedeutung. In seinem Vortrag zeigte Herr Rechtsanwalt Günther Pinkenburg die Schnittstellen zwischen Vergabe- und Datenschutzrecht auf und verwies u.a. auf Rechtsgrundlagen, Adressaten, Informationspflichten, wichtige Formulare und Risiken bzw. Rechtsfolgen für Öffentliche Auftraggeber bei datenschutzrechtlichen Verstößen. Der Vortrag wurde anschaulich durch einen Praxisfall ergänzt, in dem eine „typische“ Konstellation einer Vergabeunterstützung durch einen extern Dienstleister dargestellt und die datenschutzrelevanten Themenkreise in dieser Konstellation aufgezeigt wurden.

 

Spannende Podiumsdiskussion zu Innovationen und „Start-Ups“ im Vergabeverfahren

Innovative Aspekte und die Einbeziehung von Start-Ups spielen im Beschaffungsvorgang eine ‎immer wichtigere ‎Rolle. ‎Die Podiumsdiskussion „Innovationen und „Start-Ups“ im Vergabeverfahren“ war ein Highlight des diesjährigen Vergabetags. Zu Wort kamen Herr Dr.-Ing. Werner Weigl, Herr Univ.-Prof. Dr. M. Eßig und Frau Dipl. Ing. (FH) Barbara Broghammer. Moderiert wurde die Podiumsdiskussion vom Vorsitzenden der Vergabekammer Südbayern, Herrn Regierungsdirektor Matthias Steck.

 

In der Diskussion wurde insbesondere auf die Einbindung von innovativen Unternehmen in den Beschaffungsvorgang eingegangen. Themen wie die Eignungsprüfung, die Formulierung der genauen Leistungsbeschreibung für Innovative Produkte sowie die Einbindung von Ingenieurkompetenzen – beispielsweise bei der Holzhybridbauweise – wurden lebhaft diskutiert. Abschließend wurden noch mögliche Vorgehensweisen behandelt, wie Vergaben für innovative Unternehmen attraktiver gestaltet werden können.

 

Die Diskussionsrunde zog das Fazit, dass die innovative Beschaffung kein Regelungs- sondern ein Umsetzungsproblem hat. Innovative - und strategische Beschaffung und die damit zusammenhängende Einbeziehung qualitativer, umweltbezogener und sozialer Aspekte kann sich als sehr aufwendig darstellen. Die Lösung liegt darin, den Aufwand ‎für die Vergabestellen tragbar zu machen, indem der beabsichtigte Nutzen den zu bewältigenden Mehraufwand rechtfertigt.

 

Folgen von Non-Compliance – Wettbewerbsregister, Selbstreinigung und Strafrecht

Herr Rechtsanwalt Uwe-Carsten Völlink, stellte die unternehmerische Compliance in Zusammenhang mit der Auftragsvergabe bzw. Ausschlussgründen dar und thematisierte darüber hinaus die Selbstreinigung. Die Konsequenz von Non-Compliance erörterte Herr Völlink u.a. vor dem Hintergrund der Neuregelungen zum Wettbewerbsregister und brachte die Zuhörer so auf den neuesten Stand bei diesem aktuellen Thema.

 

Wichtige Aspekte lieferte dazu auch Herr Rechtsanwalt Dr. Andreas Minkoff, der den Zuschauern sehr anschaulich die Non-Compliance aus strafrechtlicher Sicht darlegte.

 

Auftragsänderungen nach § 132 GWB

In der Praxis stellen sich Öffentliche Auftraggeber häufig die Frage ob und wie der ursprünglich vergebene Auftrag in nachhinein noch modifiziert werden kann. Grenzen und Möglichkeit machte Frau Rechtsanwältin Elke Bischof zum Gegenstand Ihres Vortrages.

Die Referentin gab den Zuhörern dabei wertvolle Praxistipps hinsichtlich der Prüfungsreihenfolge des § 132 GWB, ging detailliert auf Einzelaspekte der Norm ein und zeigte darüber hinaus auch die Möglichkeiten einer Auftragsänderung bei Rahmenvereinbarungen anhand der einschlägigen Rechtsprechung auf. Auch die hochaktuelle Rechtsprechung des EuGH zu Obergrenzen bei Rahmenvereinbarungen wurde von Frau Bischof näher erörtert.

 

Die Bewertung von Honoraren bei der Vergabe von Architekten- und Ingenieurleistungen

Mit der geänderten Honorarordnung für ‎Architekten und Ingenieure wurde den Vorgaben ‎Rechnung getragen, die der Europäische Gerichtshof ‎aufgestellt hat.

Herr Rechtsanwalt Dr. Florian Schrammel und ‎Herr Rechtsanwalt Dr. Jörg Stoye referierten darüber, wie die neue HOAI als Ordnungsrahmen der Preisbildung von Architekten- und Ingenieuren fungiert. Außerdem wurden – für die Vergabepraxis sehr relevante – Vorgaben und Handlungsspielräume bei der Verfahrensgestaltung und Angebotswertung aufgezeigt.

 

Fördermittel – Nebenbestimmungen und Vergaberecht

Den Abschluss der Veranstaltung bildete der Vortrag von Herrn Rechtsanwalt Bernhard Stolz, der sich mit dem Thema „Fördermittel - ‎Nebenbestimmungen und Vergaberecht“ befasste. Herr Stolz stellte umfassend die Bedeutung des Vergaberechts im Rahmen von Zuwendungen dar, in dem er jeweils auf die Allgemeinen Nebenbestimmungen bei Institutioneller Förderung(ANBest-I), Projektförderung Private(ANBest-P) und Projektförderung kommunale Körperschaften(ANbest-K) detailliert einging. Ein Schwerpunkt lag dabei bei den Folgen der Nichtbeachtung vergaberechtlicher Vorgaben. Herr Stolz ging hierfür exemplarisch auf - in der Praxis relevante - Vergabefehler, wie z.B. der Abgrenzung von Bau- und Dienst-/Lieferleistung, ein.

 

Den passwortgeschützten Zugang zu den Präsentationen finden Sie nebenstehend im Downloadbereich.

 

Der nächste Vergabetag Bayern findet voraussichtlich wieder im Herbst 2022 statt.
 

Impressionen vom Vergabetag Bayern 2021:
 

Unsere Kooperationspartner:

       
 
 
 
 
 
 

München, Oktober 2021

 

Ihr persönlicher Kontakt Angelika Höß
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