VK Berlin: Erschöpfende Leistungsbeschreibung ‒ Bieter kann unproblematisch kalkulieren

Der Auftraggeber muss seine Leistungsbeschreibung so eindeutig darstellen, dass durchschnittlich fachkundige Bieter diese, ohne besondere Auslegungsbemühungen, in gleicher Weise verstehen und die Preise kalkulieren können.

 

Sachverhalt:

Ausgeschrieben war ein Dienstleistungsauftrag zur Lieferung, Herstellung und Ausgabe von Schulmittagessen. Die Leistungsbeschreibung machte keine genaueren Angaben zu den Leistungspflichten. Beispielsweise enthielt die Leistungsbeschreibung nur unzureichende Angaben zu den auszugebenden Essensportionen, Art und Umfang von Sonderkostformen oder die einzuhaltenden Qualitätsstandards. Bieter B rügte die Leistungsbeschreibung als intransparent. Die Vergabestelle half der Rüge nicht ab und hob das Verfahren auf. Der Bieter beantragte daraufhin bei der zuständige Vergabekammer die Feststellung, dass er durch die unzureichende Leistungsbeschreibung in seinen Rechten verletzt sei. Dies unter anderem mit Blick darauf, dass er beabsichtige, den öffentlichen Auftraggeber zivilrechtlich auf Schadensersatz in Anspruch zu nehmen, aber auch wegen einer bestehenden Wiederholungsgefahr in einem in überschaubarer Zukunft absehbaren ähnlichen Vergabeverfahren.

 

Beschluss:

Nach dem Gebot der „eindeutigen und erschöpfenden Leistungsbeschreibung“ muss ein öffentlicher Aufraggeber die Leistungsbeschreibung so gestalten, dass die Leistung in vollem Umfang beschrieben wird. Alle Bieter sollen in gleicher Weise verstehen, welche Leistung beschafft werden soll. Bietern sollen ohne Mehraufwand alle Informationen vorliegen, um ihr Angebot kalkulieren zu können. Zielsetzung ist die Vergleichbarkeit der eingehenden Angebote. Benannt werden müssen alle preisrelevanten Faktoren, wie etwa Art und Zweck der Leistung, erforderliche Teilleistungen sowie Bedingungen und Umstände der Leistungserbringung. Die Leistungsbeschreibung muss dabei so detailliert ausgestalten sein, dass der Bieter sein Angebot vernünftig kalkulieren kann.


Begrenzt wird diese Verpflichtung nur dadurch, dass eine erschöpfende Leistungsbeschreibung unverhältnismäßig, nicht machbar oder dem öffentlichen Auftraggeber nicht zumutbar wäre. Vorliegend genügt nach Ansicht der Vergabekammer die Leistungsbeschreibung diesen Anforderungen nicht. Bereits aufgrund der fehlenden Angaben zu den auszugebenden Portionsmengen sei es den Bietern nicht möglich gewesen, das Auftragsvolumen einzuschätzen und ein angemessenes Angebot abzugeben.

 

Praxistipp:

Bieter sollten die Leistungsbeschreibung darauf überprüfen, ob die Angaben des AG ausreichen, um ein Angebot ordnungsmäßig kalkulieren zu können. Unklarheiten muss der Bieter unverzüglich im Rahmen einer Bieterfrage aufklären und gegebenenfalls auch die Leistungsbeschreibung „als intransparent“ rügen. Dies auch im Interesse eines öffentlichen Auftraggebers, um eine Vergleichbarkeit der Angebote herzustellen.

 

VK Berlin, Beschluss vom 09.06.2021, Az. VK B 1-12/20

 

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