OLG Düsseldorf: Öffentlicher Auftraggeber muss nicht alles prüfen


24.04.2020: Grundsätzlich darf sich der öffentliche Auftraggeber auf die in den Angeboten dargelegten Leistungsversprechen der Bieter verlassen. Eine Überprüfungspflicht ergibt sich, wenn das Leistungsversprechen aufgrund konkreter Tatsachen nicht plausibel erscheint. In der Wahl der Mittel zur Überprüfung ist der öffentliche Auftraggeber frei, soweit das gewählte Mittel zur Überprüfung geeignet und die Mittelauswahl frei von sachwidrigen Erwägungen getroffen worden ist.

Sachverhalt:
Ausgeschrieben war in einem EU-weiten Verfahren der Erwerb einer Landeslizenz zur Nutzung einer Software zur Erstellung von CO2-Bilanzen. In den Vergabeunterlagen war die zu liefernde Software im Einzelnen beschrieben. Es wurde gefordert, dass die Bieter eine Erklärung dahingehend abgeben, mit Auftragsbeginn eine den Anforderungen entsprechende Softwarelösung zur Verfügung stellen zu können. Nach Erteilung des Zuschlags beanstandete ein unterlegener Bieter, der Bezuschlagte könne die Anforderungen an den Beschaffungsgegenstand nicht erfüllen. Der öffentliche Auftraggeber entschied sich gegen einen Test der Software und blieb bei seiner Entscheidung. Gegen die Zurückweisung des Nachprüfungsantrags durch die Vergabekammer hat der unterlegene Bieter sofortige Beschwerde eingelegt.

Beschluss:
Dies auch ohne Erfolg. Das OLG hat sich neben prozessualen Fragen damit auseinandergesetzt, ob und inwieweit der öffentliche Auftraggeber verpflichtet ist, im Laufe eines Verfahrens zu überprüfen, dass Bieter die abgegebenen Leistungsversprechen auch tatsächlich einhalten können. Im Ergebnis kommt das OLG zu der Entscheidung, dass eine grundsätzliche Überprüfungspflicht nicht bestünde. Ein öffentlicher Auftraggeber dürfe sich darauf verlassen, dass die Bieter ihre mit dem Angebot eingegangenen vertraglichen Verpflichtungen mit der Ausführung der Leistung auch einhalten können. Eine Überprüfungspflicht ergebe sich nur dann, wenn das Leistungsversprechen aufgrund konkreter Tatsachen nicht plausibel erscheint. In diesen Fällen müsse der öffentliche Auftraggeber aus Gründen der Transparenz und Gleichbehandlung der Bieter bereit und in der Lage sein, das Leistungsversprechen der Bieter zu überprüfen. In der Wahl seiner Überprüfungsmittel sei er dabei grundsätzlich frei, solange ein geeignetes Mittel gewählt wird und die Mittelauswahl frei von sachwidrigen Erwägungen erfolgt.

Praxistipp:
Unterlegene Bieter können ausnahmsweise eine Überprüfung eines Konkurrenzangebots erreichen. Es müssen jedenfalls konkrete Tatsachen die Zweifel am Leistungsversprechen begründen und entsprechend vorgetragen werden. Dabei ist zu beachten, dass von einem Bieter nicht bereits bei Angebotsabgabe, sondern erst bei vertraglichem Leistungsbeginn verlangt werden kann, die ausgeschriebene Leistung zu erbringen. Der öffentliche Auftraggeber kann im Vorfeld die grundsätzliche Leistungsfähigkeit von Bietern durch eine umfassende Eignungsprüfung prüfen.

OLG Düsseldorf, Beschluss vom 15.01.2020, Az: Verg-20/19

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