OLG Rostock: Wie erfolgt die Abgrenzung von Eignungs- und Zuschlagskriterien?‎

 

Ob es sich um Eignungs- oder Zuschlagskriterien handelt, ist davon abhängig, ob die Kriterien die Leistungsfähigkeit und fachliche Eignung des Bieters betreffen oder sich auf die Wirtschaftlichkeit des Angebots beziehen.

 

Sachverhalt:

Das Land M-V als Antragsgegner beabsichtigte, für das Versorgungsgebiet des Landes eine Konzession zur Durchführung von Intensivtransporten im Rettungsdienst mit einem Intensivtransporthubschrauber für die Dauer von vier Jahren zu erteilen. Die Eignungs- und Zuschlagskriterien enthalten eine Bewertungsmatrix. In dieser ist für den Primärhubschrauber das Bewertungskriterium „Eigener Hubschrauber“ enthalten. Die Nutzung eines durch ein Partnerunternehmen gestellten Hubschraubers wird somit schlechter bewertet. Bei der Wertung ist zudem eine Staffelung der erzielbaren Punkte in Abhängigkeit von der „Anzahl der Hubschrauber im Intensivtransport, die an anderen Standorten im Intensivtransport betrieben werden“ vorgesehen. Bevorzugt werden also Bieter, die auftragsbezogene Hubschrauber selbst betreiben und über den ausschreibungsgegenständlichen Standort hinaus, eine möglichst große Gesamtflotte unterhalten.

 

Der Antragsteller wendet sich gegen die vorbezeichneten Kriterien für die Punktevergabe mit dem Argument der unzulässigen Vermischung von Eignungs- und Zuschlagskriterien. Den außergerichtlich erhobenen Rügen wurde durch den Antragsgegner nicht abgeholfen. Der Antragsteller hat einen Nachprüfungsantrag bei der Vergabekammer des Landes M-V gestellt. Der Antragsgegner sollte verpflichtet werden, Bieter, welche Hubschrauber von Unterauftragsnehmern nutzen, nicht gegenüber Bietern mit eigenen Hubschraubern zu benachteiligen. Zudem sollte der Auftraggeber verpflichtet werden, Bieter nicht dahingehend zu bevorteilen, an wie vielen anderen Standorten sie weitere Hubschrauber betreiben.

 

Die Vergabekammer hat den Nachprüfungsantrag zurückgewiesen. In der Wertungsmatrix eine geringere Punktzahl für den Einsatz von Unterauftragnehmern vorzusehen war ebenso möglich, wie für eine möglichst große Anzahl an anderen Standorten vorhandener Hubschrauber eine höhere Punktzahl zu vergeben. Bei Leistungs- und Ausfallsicherheit handelt es sich um anerkannte Zuschlagskriterien, daher liege eine unzulässige Vermischung von Eignungs- und Zuschlagskriterien nicht vor. Zur Abgrenzung zwischen Eignungs- und Zuschlagskriterien ist zu ermitteln, ob ein Kriterium automatisch zum Ausschluss führt oder auf der Wertungsebene noch ein Spielraum verbleibt. Zulässig sei auch das Abstellen auf eine Ausführung ohne Subunternehmereinsatz, weil i.S. eines Erstrechtsschlusses zumindest bei sinngemäßer Heranziehung von § 47 Abs. 5 VgV der Antragsgegner hier sogar das Selbstausführungsgebot ausgebracht haben könnte. Gegen diese Entscheidung der Vergabekammer legt der Antragsteller Beschwerde ein.


Beschluss:

Mit Erfolg! Zumindest das Kriterium der Gesamtflottenstärke hält einer Nachprüfung nicht stand. Es steht nicht mit dem Konzessionsgegenstand in Verbindung. Dass eine möglichst große Flottenstärke ohne Weiteres eine bessere Bewertung nach sich zieht, lässt konkrete und objektiv nachvollziehbare Verbindungen der am verfahrensgegenständlichen Standort zu erbringenden Leistungen hinsichtlich der Qualität in puncto Ausfallsicherheit nicht erkennen.


Die Abgrenzung von Eignungs- und Zuschlagskriterien richtet sich nach der vergaberechtlichen Rechtsprechung nach dem jeweiligen Schwerpunkt. Entscheidend ist, ob Kriterien schwerpunktmäßig, d.h. im Wesentlichen, mit der Beurteilung von Leistungsfähigkeit und fachlicher Eignung der Bieter für die Ausführung eines bestimmten Auftrags oder mit der Wirtschaftlichkeitsermittlung zusammenhängen. Die Eignungsprüfung dient der Ermittlung derjenigen Bieter, die generell für die Erbringung der konkret nachgefragten Leistung (Fachkunde und Leistungsfähigkeit) in Betracht kommen. Unzureichend qualifizierte Bieter sind auszuschließen. Die Ermittlung qualitativer Unterschiede zwischen Bewerbern erfolgt im Rahmen der Eignungsprüfung nicht. Die Wirtschaftlichkeitsprüfung bezieht sich nicht auf die Bieter, sondern auf deren Angebote. Maßstäbe, die nur ausdrücken, wie sich die Eignung eines Bieters auf dessen Leistungsfähigkeit auswirkt, sind nicht Zuschlags-, sondern Eignungskriterien. Wenn sich diese Maßstäbe überwiegend auf ein Mehr oder Weniger an persönlicher Eignung des Bieters auf dessen Leistungen beziehen, sind diese unzulässig. Es ist nach herkömmlichem Verständnis mit den Wertungsvorschriften nicht zu vereinbaren, bei der Entscheidung über den Zuschlag unterschiedliche Eignungsgrade zu berücksichtigen.

 

Praxistipp:

Bei der Festlegung von Eignungskriterien ist zu beachten, dass es sich um Mindestanforderungen handelt. Das Angebot eines Bieters, der die Mindestanforderungen nicht erfüllt, ist auszuschließen. Den geeigneteren Bieter gibt es somit nicht. Als Zuschlagskriterien sind nur Qualitätsmerkmale auszuwählen, welche Einfluss auf die Wirtschaftlichkeit eines Angebots haben. Zuschlagskriterien lassen sich auch als „Mehrwert je Leistungseinheit“ definieren.

 

OLG Rostock Vergabesenat, Beschluss vom 12.08.2020, Az.: 17 Verg 2/20

 

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