VK Bund: Keine Nachbesserung eines Angebots im Aufklärungsgespräch

Aufklärungsgespräche können grundsätzlich lediglich der Klärung etwaiger Zweifel dienen, nicht aber der Behebung von Verständnisproblemen. Das Angebot des Bieters muss aus sich heraus verständlich sein. Es obliegt der Sorgfalt des Bieters, dass keine Verständnisprobleme auftreten.

 

Sachverhalt:

Die Antragsgegnerin (Ag) führt ein EU-weites Verfahren zur Vergabe eines Forschungsvorhabens zur Einschätzung des deutschen Schienennetzes durch. Der Gesamtauftrag wurde in fünf Arbeitspakete gegliedert. Die Wertung der Angebote wird anhand der Zuschlagskriterien Preis (30 %) und Leistung (70 %) vorgenommen. Die angebotene Leistung soll anhand der von den Bietern mit ihren Angeboten eingereichten Durchführungskonzepte bewertet werden.

 

Die Konzeptbewertung sollte anhand der fünf Arbeitspakete erfolgen. Jedem Arbeitspaket waren vier Unterkriterien zugeordnet (z.B. Zielstellung, Lösungsansatz). Die Punktevergabe wurde in der Bieterinformation erläutert.

 

Am 23.10.2020 hatte die Ag die Antragstellerin (Ast) darüber informiert, dass der Zuschlag auf das Angebot der Beigeladenen (Bg) erfolgen solle. Der anschließenden Rüge der ASt half die Ag nicht ab. Die ASt beantragte daraufhin die Einleitung eines Nachprüfungsverfahrens. Die Vergabekammer wies die Ag darauf hin, dass die Angebotskonzepte nicht anhand sämtlicher bekannt gegebener Wertungskriterien bewertet wurden. Am 12.01.2021 teilte die Ag der Vergabekammer mit, dass sie die Angebotswertung unter Beachtung der Rechtsauffassung der Vergabekammer wiederholen werde.

Die Neuwertung der Angebote brachte das Ergebnis, dass das Angebot der Bg das wirtschaftlichste sei. Über das Ergebnis wurde die ASt informiert. Am 24. und 25.05.2021 rügte die ASt das Informationsschreiben der Ag als unzureichend und führte dazu aus, warum ihr Angebot besser zu bewerten sei. Außer der Mitteilung, in welchen Kriterien das Angebot der ASt schlechter beurteilt wurde als das der Bg half die Ag der Rüge nicht ab. Die ASt beantragte die Einleitung eines Nachprüfungsverfahrens bei der VK Bund.

 

Die Bewertung des Angebots der ASt durch die Ag sei inhaltlich fehlerhaft. Der bewertungserhebliche Sachverhalt aus dem Angebot sei nicht korrekt und vollständig ermittelt worden. Obwohl die ASt das Konzept in fachlich-ingenieurtechnischer Sicht nicht vollständig durchdrungen habe, hat sie von der Möglichkeit einer Aufklärung keinen Gebrauch gemacht.

 

Beschluss:

Ohne Erfolg! Der Auftragnehmer sollte sich im Rahmen seines Angebotskonzepts einen „detaillierten Überblick über die sich bereits im Einsatz befindlichen Methoden und Werkzeuge“ verschaffen und dann mehrere geeignete Verfahren auswählen und vergleichend darstellen oder diskutieren. Zwar hat die ASt ein entsprechenden Vorgehen versprochen und auf Ausführungen in einem Kapitel 2.3 verwiesen, dieses hob jedoch bereits die Vorteile ihres methodischen Ansatzes hervor. Die ASt stellte auf das Fehlen einer ganzheitlichen Betrachtung des vorgelegten Konzeptes durch die Ag ab.

 

Dabei verkennt sie, dass sich die Ag vergaberechtswidrig verhalten hätte, wenn sie andere Aspekte in ihre Wertung einbezogen hätte. Die Qualität der von der ASt im Angebot präferierten Methodik musste die Ag mangels Wertungsrelevanz nicht aufklären oder sich fachkundig machen, um die Ausführungen der ASt zu den Vorteilen ihres Lösungsansatzes hinlänglich nachvollziehen zu können.

 

Darüber hinaus sind Aufklärungen wertungsrelevanter Angebotsbestandteile, hier das Durchführungskonzept, wegen des damit verbundenen Manipulationsrisikos und der Gefahr, der Ungleichbehandlung der Bieter, allenfalls nur sehr eingeschränkt möglich. Anderenfalls kann die Grenze zur unzulässigen Nachverhandlung schnell überschritten werden. Aufklärungsgespräche dienen unabhängig davon grundsätzlich lediglich der Klärung etwaiger Zweifel, nicht aber der Behebung von Verständnisproblemen. Der Bieter muss so sorgfältig arbeiten, dass sein Angebot aus sich heraus verständlich ist.

 

Ergänzungen oder inhaltliche Nachbesserungen des wertungsrelevanten Konzepts hätte die Ag im Rahmen eines etwaigen Aufklärungsgespräches wegen § 56 Abs. 3 S. 1 VgV ohnehin nicht berücksichtigen dürfen. Das Durchführungskonzept wurde daher zu Recht mit dem Inhalt gewertet, der ihr mit Ablauf der Angebotsfrist vorlag.

 

Praxistipp:

Gerade bei der Erstellung konzeptioneller Angebote ist darauf zu achten, dass zur Wertung keine mündlichen Erläuterungen notwendig sind. Ein wertungsrelevanter Austausch ist unzulässig und kann nicht Gegenstand eines Aufklärungsgesprächs sein.

 

VK Bund, Beschluss vom 11.06.2021, Az.: VK 1 – 44/21

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