VK Südbayern: Neues zum Ausschluss wegen früherer Schlechtleistung eines Bieters


Nicht jede frühere Schlechtleistung führt zum Ausschluss. Der Auftraggeber muss sich aber sicher sein, wenn der Ausschluss wegen früherer Schlechtleistung erfolgt!

 

Sachverhalt:

Der öffentliche Auftraggeber schrieb europaweit im offenen Verfahren Brandschutzputzarbeiten aus. Insgesamt reichten zwei Bieter Angebote ein. Die Antragstellerin gab das wirtschaftlichste Angebot ab, wurde jedoch vom öffentlichen Auftraggeber auf Grund fehlender Eignung von dem Verfahren ausgeschlossen. Die fehlende Eignung stütze der öffentliche Auftraggeber dabei darauf, dass die Antragstellerin Arbeiten bei einem früheren Bauprojekt eines anderen Auftraggebers (Gemeinde B) verspätet durchgeführt und der andere Auftraggeber den Auftrag mit der Antragstellerin deshalb gekündigt habe. Gegen diese Entscheidung wendet sich die Antragstellerin mit einem Nachprüfungsantrag an die Vergabekammer, da sie die damaligen Verzögerungen nicht zu vertreten hatte. Darüber hinaus konnte der öffentliche Auftraggeber keine gesicherten Kenntnisse darlegen, die als Grundlage für eine Prognoseentscheidung zum Ausschluss wegen früherer Schlechtleistungen erforderlich sind.

 

Beschluss:

Mit Erfolg! Nach Auffassung der Vergabekammer hat der öffentliche Auftraggeber die Antragstellerin zu Unrecht wegen Schlechtleistung bei der Ausführung eines früheren Auftrags von dem Verfahren ausgeschlossen. Die Voraussetzungen für einen Ausschluss der Antragstellerin nach § 124 Abs. 1 Nr. 7 GWB lagen nicht vor.
 

Möchte sich ein Auftraggeber auf die mangelhafte Leistungserbringung gegenüber einem Dritten als Ausschlussgrund berufen, muss dieser die Umstände der damaligen Kündigung so umfassend aufklären, dass er den nötigen Nachweis im Bestreitensfall erbringen kann. Ein derartiger Nachweis konnte durch den öffentlichen Auftraggeber in dem vorliegenden Fall nicht erbracht werden. Die Kündigung der vormaligen öffentlichen Auftraggeberin (Gemeinde B) aus wichtigem Grund gemäß § 8 Abs. 3 Nr. 1 VOB/B war nicht rechtmäßig erfolgt, da die Antragstellerin die damaligen Verzögerungen bei der Leistungserbringung nicht zu vertreten hatte. Auch lag kein sonstiger, den Dritten zur Kündigung des früheren Auftrags berechtigender Grund vor. Zu diesem Ergebnis kam die Vergabekammer, nachdem sie sämtliche von der vormaligen Auftraggeberin (Gemeinde B) angeführten Kündigungsgründe im Einzelnen geprüft und verworfen hatte.

 

Praxistipp:

An den Ausschluss eines Bieters wegen früherer Schlechtleistung gegenüber einem Dritten sind nach dieser Entscheidung hohe Anforderungen gestellt. Auftraggeber müssen dabei darlegen können, dass der Dritte den Bieter wegen dieser Schlechtleistung rechtmäßig gekündigt hat. Abzuwarten bleibt jedoch, ob weitere Nachprüfungsinstanzen diesem strengen Maßstab folgen. Bislang wurde die Darlegungstiefe eines Auftraggebers von den Vergabesenaten noch unterschiedlich bewertet. Das OLG Celle (VPR 2017, 90) hat es ausreichen lassen, wenn der Auftraggeber Indizien vorbringt, wenn diese von einigem Gewicht sind, auf gesicherten Erkenntnissen aus serösen Quellen basieren und die die Entscheidung des AG zum Ausschluss des Bieters nachvollziehbar erscheinen lassen. Nach Auffassung des OLG Düsseldorf (VPR 2018, 227) muss der Auftraggeber bzgl. der              von § 124 Abs. 1 Nr. 7 GWB verlangten Schlechterfüllung Gewissheit erlangt haben, die vernünftigen Zweifeln Schweigen gebietet. Danach wäre für den Auftraggeber eine belastbare aber überschlägige Prüfung möglich. Nicht zwingend erforderlich jedoch eine materiell-rechtliche Befassung mit sämtlichen Kündigungsgründen.

 

VK Südbayern, Beschl. vom 08.04.2019 (Az.: Z3-3-3194-1-46-12/18)

 

Stand: November 2019

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