‎„Bio-Regionalität“ in der Gemeinschaftsverpflegung – Verankerung im Vergabeverfahren


Bei der Vergabe von Verpflegungsleistungen wird oft „regional“ als Bewertungskriterium von Seiten der öffentlichen Auftraggeber gewünscht. Vergaberechtler haben hierbei erhebliche Bedenken. Zu groß ist die Gefahr einer mindestens mittelbaren Diskriminierung durch die Begrenzung des Bieterkreises – gerade auch in EU-weiten Verfahren. Die vom Gesetzgeber gewollte Öffnung der Verfahren für Unternehmen aus dem gesamten Gebiet der Europäischen Union lässt sich juristisch schwer mit der Eingrenzung des Bieterkreises auf eine bestimmte Region in Einklang bringen. Mangels klarer Definition der „Region“, lässt sich oft auch kein eindeutiger zusätzlicher Wert der Regionalität als Kriterium für das Verfahren ausmachen.

 

Interessant ist vor diesem Hintergrund die Einschätzung des Wissenschaftlichen Parlamentsdienstes des Bundestages. Die Juristen des Bundestages kommen zu dem Ergebnis, dass „regional“ durchaus ein zulässiges Qualitätsmerkmal i.S.d. § 31 Abs. 3 VgV sein kann, wenn es um die materielle Qualität des Produktes geht.

Gemeint ist nicht der umweltbezogene Aspekt, der bspw. aus den kurzen Transportwegen und damit verringerter Umweltemission herrührt. Gemeint ist erst recht nicht die „mittelstandfördernde“ i.d.R. unzulässige Komponente der Bevorzugung der heimischen Wirtschaft. Gemeint ist der tatsächlich qualitative Produktwert der Regionalität als solcher. Das ist spannend. Denn dieser wurde bislang oft übersehen.

 

Im Kern argumentiert der Wissenschaftliche Parlamentsdienst damit, dass u.a. die Ernährungswissenschaftler der Deutschen Gesellschaft für Ernährung (DGE), deren Empfehlungen für Schul- und Kitaverpflegung zum Standard der meisten Ausschreibungen gehören, „einheimisch“ als Qualitätsmerkmal ansieht. Das entspricht auch den Erfahrungen von Handel und Gastronomie, welche „Regionalität“ als herausragendes Qualitätsmerkmal vermarkten. Für Verbraucher zeugt Regionalität ebenfalls von besonderer Qualität. Letztlich folgt die Argumentation der Bundestags-Juristen damit dem Ergebnis: Wenn regionale Produkte von Erzeugern und Verbrauchern als qualitativ höherwertig angesehen und für diese Produkte auch höhere Preise verlangt werden können, dann seien sie im Sinne der Verordnung ein Qualitätsmerkmal.

 

Nach dieser Auffassung besteht damit grundsätzlich die Möglichkeit, das Merkmal „Regionalität“ in Vergabeverfahren rechtmäßig als Qualitätsmerkmal zu verankern. Es liegt dann – wie auch bisher – an der Vergabestelle, das Kriterium so auszugestalten, dass es nicht gegen Europarecht verstößt. Die Ausarbeitung des Wissenschaftlichen Parlamentsdienstes des Bundestages finden Sie hier.

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