VG Gießen: Rückforderung von Fördergeldern

 
Für die Erfüllung des Widerrufstatbestands kann ein objektiver Vergaberechtsverstoß, der vor der Bewilligung begangen wurde, genügen, wenn die Auflage zur Beachtung des Vergaberechts rückwirkend in Kraft treten sollte.
 
Sachverhalt:
Im Rahmen einer institutionellen Förderung des Jagdhaushaltes für das Jahr 2018 durch das Land Hessen (L) wurden Kläger K Zuwendungen gewährt. K erhielt bereits in der Vergangenheit, so auch im vorangegangenen Jahr 2017, diese Förderung. Ende des Jahres 2017 beauftragte K ein Unternehmen mit der Übernahme von Pressearbeit, beginnend zum 01.01.2018. Zu diesem Zeitpunkt beabsichtigte K, keine institutionelle Förderung für das Jahr 2018 zu beanspruchen. Im November 2018 beantragte K dann doch die Gewährung einer Förderung für das Jahr 2018. Mit der Bewilligung der Zuwendung durch L wurden die "Allgemeinen Nebenbestimmungen für die Zuwendung zur institutionellen Förderung" (ANBest-I), Bestandteil des betreffenden Bescheids. L widerrief im Jahr 2022, mit der Begründung, dass die Beauftragung an das Unternehmen vergaberechtwidrig erfolgt sei, den Förderbescheid teilweise und forderte einen Teil der Zuwendung zurück. Hiergegen klagte K.
 
Beschluss:
Ohne Erfolg. Der Teilwiderrufs- und Rückforderungsbescheid war rechtmäßig. Die Voraussetzungen für einen Widerruf nach § 49 Abs. 3 Satz 1 Nr. 2 HVwVfG lagen vor. K hat gegen die Auflage aus Ziff. 3.1 der ANBest-I verstoßen, bestimmte Regelungen des Hessisches Vergabe- und Tariftreuegesetz (HVTG) zu beachten. Danach war vor einer freihändigen Vergabe, wie sie K zur Beauftragung des Unternehmens durchgeführt hat, ein Interessenbekundungsverfahren durchzuführen. Diese Vorgehensweise wurde nicht eingehalten. Die Auflage aus den ANBest-I war für das gesamte Jahr 2018 rechtlich bindend. Zwar konnte die Auflage gem. § 43 Abs. 1 Satz 1 HVwVfG erst ab Bekanntgabe des Bescheids am 19.12.2018 wirksam werden, in einer Gesamtschau mit dem Regelungsgehalt des Bescheids war aber davon auszugehen, dass die Auflage ihrem Inhalt nach rückwirkend mit Beginn des Jahres 2018 in Kraft treten sollte. Die Landeszuwendung zur institutionellen Förderung wurde für das gesamte Haushaltsjahr 2018 gewährt und ist notwendigerweise rückwirkend erfolgt. Die Wahl einer unzulässigen Vergabeart stellte einen schweren Verstoß gegen das Vergaberecht dar. Wie sich dieser Verstoß auf die Höhe der Rückforderung auswirkt, ist Bestandteil der behördlichen Ermessensentscheidung auf Rechtsfolgenseite.
 
Praxistipp:
Vorsicht, bei bereits erteilten Aufträgen und späterer Entscheidung für diese Leistung Zuwendungen zu beantragen. Der Zuwendungsempfänger muss prüfen, ob die Mittel auflagen- und vergaberechtskonform verwandt wurden. Gegebenenfalls entfällt eine Förderfähigkeit.
 
VG Gießen, Beschluss vom 11.12.2023, Az.: 4 K 1641/22
 
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