VK Bund: Vergabestellen müssen geforderte Eignungsbedingungen prüfen und dokumentieren

 
Verlangt der Auftraggeber bestimmte Anforderungen hinsichtlich der Vorlage vergleichbarer Referenzen, muss der Auftraggeber dies vertiefend nachprüfen, wenn sich die Anforderung nicht auf den ersten Blick erkennen lässt. 
 
Sachverhalt:
Ausgeschrieben waren IT-Beratungs- und Unterstützungsleistungen in einem EU-weiten Verfahren. Zum Nachweis der technischen und beruflichen Leistungsfähigkeit werden auch mindestens drei vergleichbare Referenzen gefordert. Zudem wird verlangt, dass es sich bei mindestens einer der Referenzen um einen Auftrag für einen öffentlichen Auftraggeber i. S. d. §§ 98,99 GWB handelt. B soll den Zuschlag erhalten. Dagegen wendet sich Bieter A. A rügt u. a., B erfülle nicht die geforderte Eignung im Hinblick auf die einzureichenden Referenzen. Die Vergabestelle hilft der Rüge nicht ab. Daraufhin leitet A ein Nachprüfungsverfahren ein.
 
Beschluss:
Mit Erfolg. Der Auftraggeber habe nachweislich der Vergabedokumentation keine ausreichende Prüfung der Eignung vorgenommen. Hinsichtlich der Überprüfung der Referenzen des B sei in der Vergabeakte lediglich festgehalten: "Mindestens drei Referenzen, die die Mindestanforderungen erfüllen: Ja.". Nicht eindeutig sei, ob einer der Referenzaufträge, wie gefordert, von einem öffentlichen Auftraggeber erteilt worden sei. Ob ein Auftraggeber die Eigenschaft eines Auftraggebers i. S. d. § 99 GWB erfüllt, setze eine juristische Bewertung voraus. Eine solche Bewertung habe der Auftraggeber nicht vorgenommen. Dies insbesondere deshalb, da B keine Referenz benannt habe, die auf den ersten Blick und zweifelsfrei eine Referenz von einem öffentlichen Auftraggeber darstellt. Eine Ergänzung der Dokumentation im Nachprüfungsverfahren komme hier nicht in Betracht. Voraussetzung dafür sei, dass sich die wesentlichen Überlegungen des Auftraggebers bereits in der Dokumentation befinden. Sinn der Möglichkeit, vorhandene Dokumentation durch schriftsätzlichen Vortrag zu ergänzen, sei jedoch nicht, ganz wesentliche Teile der Dokumentation bzw. weitergehend sogar der materiellen Prüfung in den schriftsätzlichen Vortrag zu verlagern. Denn wenn die Vergabedokumentation keine Aussage zu erforderlichen Prüfungsschritten enthalte, sei davon auszugehen, dass diese im Sinne einer "negativen Beweiskraft" des Vergabevermerks auch tatsächlich nicht durchgeführt worden sei.
 
Praxistipp:
Zum wiederholten Male eine Entscheidung, die deutlich macht, wie wichtig eine ausführliche Dokumentation des Auftraggebers ist. Dies insbesondere, wenn von allgemeinen Anforderungen an die Eignung abgewichen wird. Für die Bieterseite wird erkenntlich, wie nützlich eine Präqualifikation ist, wenn dadurch die Fehleranfälligkeit vermieden werden kann und bei einer Präqualifikation in einem amtlichen Verzeichnis für den Auftraggeber eine Eignungsvermutung entsteht.
 
VK Bund, Beschluss vom 02.02.2024, Az.: VK 2-98/23
 

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