VK Sachsen: Unternehmensbezogene und wettbewerbsorientierte Gründe rechtfertigen niedrige Angebotspreise


Ein Ausschluss eines ungewöhnlich niedrig erscheinenden Angebots kommt nicht in Betracht, wenn der Auftraggeber anhand der vom Bieter vorgebrachten Begründung die geringe Höhe des Angebotspreises zufriedenstellend aufklären kann.

Sachverhalt:
Ausgeschrieben waren Planungsleistungen in einem EU-weiten Verfahren. Dem hiesigen Nachprüfungsverfahren war bereits ein weiteres Nachprüfungsverfahren vorangegangen, im Rahmen dessen der Auftraggeber (AG) verpflichtet worden war, die Prüfung der Angemessenheit des Preises des Angebots der Beigeladenen zu wiederholen. Nach durchgeführter Preisaufklärung hielt der AG an seiner beabsichtigten Zuschlagsentscheidung auf das Angebot der Beigeladenen fest. Dagegen wandte der Antragsteller ein, dass das Angebot der Beigeladenen als ungewöhnlich niedriges Angebot einzustufen sei und den Zuschlag deshalb nicht erhalten dürfe.

Beschluss:
Ohne Erfolg. Sofern die Beigeladene den im Vergleich zum Antragsteller geringeren Gemeinkostenfaktor damit erklärt, dass er zu 99% Aufträge für öffentliche AG bearbeitet und dass er daher den Auftrag zum Zwecke der Referenzgewinnung benötigt, hält die Vergabekammer diese Aussage für plausibel. Die Vergabekammer hat nicht zu bewerten, ob ein Angebot auskömmlich oder nicht auskömmlich ist, sondern ob die Entscheidung des Auftraggebers, das Angebot als auskömmlich oder nicht zu bewerten, auf Basis eines zutreffend und hinreichend ermittelten Sachverhaltes und einer gesicherten Erkenntnisgrundlage getroffen wurde und im Ergebnis nachvollziehbar und vertretbar ist. Aus der Referenzliste der Beigeladenen geht hervor, dass sich die benannten Referenzen der Grenze des anerkannten Referenzzeitraums annähern und dass die Beigeladene somit auf neue Referenzen angewiesen ist.

Praxistipp:
Sofern Bieter eine seriöse Kalkulation ihres ungewöhnlich niedrig erscheinenden Angebots nachweisen, indem die Gründe der Angebots- und Preisgestaltung nachvollziehbar und stichhaltig aufschlüsselt werden, dürfen solche Angebote nicht ausgeschlossen werden. Maßgeblich ist dabei, ob betreffende Bieter nachvollziehbar aufklären können, aufgrund sach- und/oder unternehmensbezogener sowie wettbewerbsorientierter Gründe günstiger als das Bieterumfeld kalkuliert zu haben. Ein nachvollziehbarer Grund für eine sehr niedrige Kalkulation kann im Einzelfall, wie vorliegend, auch die Erlangung einer neuen Referenz sein, um damit ein - wettbewerblich erwünschtes - Verbleiben im Markt zu gewährleisten.

VK Sachsen Beschluss vom 10.02.2023, Az.: 1/SVK/031-22

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