OLG Düsseldorf: Transparenz der Gewichtung der Zuschlagskriterien


Untersetzt der öffentliche Auftraggeber ein Zuschlagskriterium mit Unterkriterien und Unterunterkriterien, so ist auch für die Unterkriterien und Unter-Unterkriterien eine Gewichtung anzugeben.

Sachverhalt:
Ausgeschrieben mit europaweiter Bekanntmachung vom 18.10.2019 wurde die Beschaffung von Planungsleistungen für die Erweiterung und Umplanung einer Deponie im Verhandlungsverfahren mit Teilnahmewettbewerb.

Der geschätzte Auftragswert betrug 1,65 Mio. €. Zuschlagskriterien waren Preis und Qualität, gewichtet mit jeweils 50 %. Das Zuschlagskriterium Qualität wurde unterteilt in die Unterkriterien „Projektteam“ und „Leistungskonzept“ mit einer Gewichtung von jeweils 25 %. Gegenstände der Qualitätsbewertung waren das Projektteam, das Leistungskonzept und ein Kurzkonzept, wozu der Antragsgegner (AG) in den Vergabeunterlagen ausführte.

Insgesamt gaben fünf Unternehmen Teilnahmeanträge ab. Nach Ausschluss zweier Bewerber wurden die übrigen Bewerber zur Abgabe indikativer Angebote aufgefordert. Alle drei Bieter gaben indikative Angebote ab. Zur Vorbereitung der Bietergespräche wurde ein Bewertungsbogen gefertigt. Danach erfolgten weitere Gewichtungen, das schriftliche Leistungskonzept mit 6 %, das mdl. präsentierte Kurzkonzept mit 30 % und die Beantwortung von insgesamt neun vorbereiteten Fragen im Rahmen eines Fachgesprächs, gewichtet mit 64 %.

Am 03.03.2020 forderte der AG zur Abgabe eines zweiten indikativen Angebots auf. Der AG behielt sich ausdrücklich den Verzicht auf ein finales Angebot und die Zuschlagserteilung auf das zweite indikative Angebot vor. Nach Eingang der zweiten indikativen Angebote erfolgte die Angebotswertung nach Punkten. Mit Bieterinformation vom 23.03.2020 teilte der AG die beabsichtigte Zuschlagserteilung an die Beigeladene mit.

Die Antragstellerin (ASt) rügte die mitgeteilte Zuschlagsentscheidung, u.a. weil im Wertungsbogen mehrere Unterkriterien mit eigener Gewichtung gebildet wurden, ohne dass sie in der Bekanntmachung und den Vergabeunterlagen zuvor veröffentlicht worden waren. Die Unterkriterien und ihre Gewichtung, konnten weder aus den Vergabeunterlagen noch aus der Einladung zum Bietergespräch abgeleitet werden.

Mit Beschluss vom 24.07.2020 hat die Vergabekammer Westfalen den Nachprüfungsantrag als unbegründet zurückgewiesen. Zwar läge ein Verstoß vor, die Antragstellerin habe durch diesen Vergaberechtsverstoß jedoch keinen Schaden erlitten, da sie in der Qualitätsbewertung die Höchstpunktzahl von 25 Punkten erreicht habe.

Gegen diesen Beschluss wendet sich die ASt mit der sofortigen Beschwerde.

Entscheidung:
Mit Erfolg! Das Vergabeverfahren war in den Stand vor der Aufforderung der Abgabe eines Angebots zurückzuversetzen. Die qualitative Wertung des Leistungskonzepts war nicht vergaberechtskonform, weil die Gewichtung der Unter-Unterkriterien zu dem qualitativen Unterkriterium Leistungskonzept in den Vergabeunterlagen nicht bekannt gegeben wurde.

Nach ständiger Rechtsprechung hat der öffentliche Auftraggeber nicht nur die Zuschlagskriterien und ihre Gewichtung in der Auftragsbekanntmachung oder den Vergabeunterlagen bekannt zu geben, sondern auch die zur Ausfüllung eines Zuschlagskriteriums aufgestellten Unterkriterien und deren konkrete Gewichtung.

Dies gilt auch, wenn der Auftraggeber die Gewichtung von Unterkriterien erst im Nachhinein aufgestellt hat und nicht auszuschließen ist, dass, wären diese bei der Vorbereitung der Angebote bekannt gewesen, sie die Vorbereitung hätten beeinflussen können.

Praxistipp:
Die Bekanntgabe der Wertungskriterien mit der Aufforderung zur Angebotsabgabe soll den Bietern auch ermöglichen, ihre Angebote so auszugestalten, dass sich die Zuschlagschancen erhöhen. Bei komplexen Wertungsstrukturen ist darauf zu achten, dass die Bekanntmachung alle Informationen enthält, um dieser Anforderung gerecht zu werden.

OLG Düsseldorf, Beschluss vom 24.03.2021, Verg 34/20

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