VK Westfalen: Referenzen sind so wie gefordert nachzuweisen

 

Fordert der Auftraggeber die Vorlage von Referenzen, die nicht älter als drei Jahre sind und die sich auf die ausgeschriebene Leistungserbringung beziehen, und legt ein Bieter Referenzen vor, die entweder älter als drei Jahre sind oder die keine Referenzen über die geforderte Leistungserbringung sind, so verfügt der Bieter nicht über die geforderte Eignung.

Sachverhalt:
Die Antragsgegnerin (Ag.) schrieb in einem europaweiten Verfahren die Sanierung von Fördertechnik in einem Zentralklinikum aus. Zum Nachweis der technischen und beruflichen Leistungsfähigkeit waren von den Bietern mindestens drei Referenzen zu Umbauten im Bestand im laufenden Krankenhausbetrieb (nicht älter als drei Jahre) mit einem bestimmten Volumen vorzulegen. Außerdem mussten die Bieter bei Angebotsabgabe den betreuenden Vorarbeiter/Polier benennen, der mindestens drei Referenzen zu Umbauten im Bestand im laufenden Krankenhausbetrieb (ebenfalls nicht älter als drei Jahre) mit einem bestimmten Volumen nachweisen.

Im Rahmen der Angebotsprüfung forderte die Ag. über den Vergabemarktplatz (VMP) die Antragstellerin (Ast.) unter anderem zur Nachreichung von drei Referenzen zu Umbauten im laufenden Krankenhausbetrieb und der Benennung des Vorarbeiters/Poliers auf. Zudem bat sie um Aufklärung des Preises, da dieser ihr als unangemessen niedrig in Bezug auf die Preise der Wettbewerber erschien. Die Ag. führte deshalb nahezu 50 Positionen des Leistungsverzeichnisses auf und bat die Ast. um Aufklärung, wie sie die fachgerechte Ausführung der Positionen sicherstellen könne.  Hierzu sollte die Ast. die Positionen im eingereichten Formblatt 223 aufschlüsseln und in Bezug darauf die Vorgehensweise und Arbeitsabläufe darstellen, die Kalkulationsansätze angeben und möglichst die Herleitung der Einheitspreisansätze erläutern.

Die Ast. antwortete fristgemäß über den VMP und fügte das ausgefüllte Formblatt 223 mit den aufgeschlüsselten Einheitspreisen sowie weitere Dokumente bei. Zudem bestätigte die Ast. die Auskömmlichkeit der Kalkulation der Preise. Sie verwies auf einen Mittellohn, einen ihrer Ansicht nach mehr als marktüblichen Verrechnungslohn sowie darauf, dass die Materialpreise vom Baustoffhändler bestätigt worden seien. Der Zeitansatz basiere auf Erfahrungswerten. Darüber hinaus gehende Angaben zur Erläuterung der Einzelpreise tätigte die Ast. nicht.

Die von der Ast. beigefügten Referenzen, die sich auf Krankhäuser bezogen, waren allesamt mehr als drei Jahre alt. Eine zusätzlich eingereichte Liste von Referenzen wies insgesamt vier Baumaßnahmen der letzten drei Jahre aus, davon zwei in Gymnasien, eine in einer Fachhochschule und eine in einem Theater.

Ausweislich ihres Vergabevermerks bewertete die Ag. das Angebot der Ast. weiterhin als nicht auskömmlich, weil eine detaillierte Erläuterung der Preise fehlte. Zu den Referenzen, die nicht den Anforderungen entsprachen, vermerkte die Ag. nichts.

Die Ag. versuchte am 01.04.2021 wiederholt vergeblich eine Absagemitteilung an die Ast. unter Verwendung der im Angebot genannten Faxnummer zu übermitteln Daraufhin übersandte die Ag. am 01.04.2021 eine E-Mail mit der Absagemitteilung im Anhang an eine Adresse, die weder im Angebot der Antragstellerin noch in der Firmenliste des Vergabevermerks aufgeführt war. Eine Übermittlung der Ausschlussmitteilung über den VMP erfolgte nicht.

Am 26.04.2021 erteilte die Ag. der Beigeladenen den Auftrag. Drei Tage später erkundigte sich die Ast. per Nachricht über den VMP bei der Ag. nach dem Stand des Vergabeverfahren. In ihrer Antwort verwies die Ag. auf die wenige Tage darauf erschienene europaweite Bekanntmachung über die Auftragsvergabe an die Beigeladene.

Gegen die Auftragserteilung an die Beigeladene reichte die Ast. einen Nachprüfungsantrag ein und übermittelte tags darauf eine Rüge an die Ag.. Im laufenden Nachprüfungsverfahren schloss die Ag. die Ast. zusätzlich noch nach § 16a EU Abs. 5 VOB/A aus, weil nach ihrer Auffassung, die nachgereichten Referenzen nicht den Mindestanforderungen entsprächen.
 

Die Ast. war der Auffassung, dass die Auftragserteilung vergaberechtswidrig erfolgte. Es könne nicht richtig sein, dass der Auftrag an die viertplatzierte Beigeladene erteilt worden sei. Dem Nachforderungsverlangen der Ag. habe sie entsprochen, seitdem aber nichts mehr über den Verfahrensstand erfahren. Erst auf die Nachfrage habe die Ast. vom Ausschluss und der Auftragserteilung an die Beigeladene erfahren. Die Bieterinformation habe sie per E-Mail nicht erreichen können, da die verwendete Adresse einer inzwischen insolventen Vorgängerfirma der Ast. gehörte. Zudem sei beim streitgegenständlichen Verfahren eindeutig festgelegt worden, dass jegliche Kommunikation über den VMP erfolgen solle. In der mündlichen Verhandlung teilte die Ast. jedoch mit, dass sie mittlerweile festgestellt habe, dass die von der Ag. verwandte E-Mail noch im Bieterprofil des VMP eingetragen sei.

Den Angebotsausschluss auf Grundlage von ungewöhnlich niedrigen Preisen hielt die Ast. für inhaltlich nicht rechtmäßig. Sie habe zur Prüfung der Wirtschaftlichkeit die komplette Urkalkulation offengelegt und nachgereicht. Die Abstände zwischen den ersten drei Angeboten lägen in einer marktüblichen Spanne, weshalb das Angebot der Ast. nicht als nicht auskömmlich eingestuft werden dürfe.
 

Beschluss:
Der zulässige Nachprüfungsantrag war unbegründet.

 

Ob die Bietermitteilung nach § 134 GWB ordnungsgemäß übermittelt worden ist, konnte nach Auffassung der Vergabekammer vorliegend dahinstehen. Denn in der mündlichen Verhandlung habe sich herausgestellt, dass die für die Bietermitteilung nach § 134 GWB verwendete E-Mailadresse im Bieterprofil des VMP eingetragen gewesen sei und der Ast. damit zugeordnet werden konnte.

 

Unabhängig davon ob die Voraussetzungen des § 134 GWB und § 135 GWB vorlägen, sei das Angebot der Ast. auch bei einer Zurückversetzung des Verfahrens zwingenden nach § 16a EU Abs. 5 VOB/A auszuschließen, da die geforderten Referenzen von der Ast. nicht erbracht worden seien.

Die Ag. habe ordnungsgemäß im Sinne des § 122 GWB die Vorlage von Referenzen gefordert, die nicht älter als drei Jahre sein durften und sich auf die Leistungserbringung im laufenden Krankenhausbetrieb beziehen mussten. Da die Ast. diese nicht mit dem Angebot eingereicht habe, habe die Ag. die Referenzen nachgefordert.

Die im Rahmen der Nachforderung von der Ast. vorgelegten Referenzen von Krankenhausbetreibern waren jedoch alle älter als drei Jahre. Und die in einem zusätzlichen Dokument aufgeführten Leistungen stammten zwar aus dem vorgegebenen Zeitraum, waren aber keine Referenzen über eine Leistungserbringung im laufenden Krankenhausbetrieb. Mithin verfüge die Ast. über keine die aufgestellten Mindestanforderungen erfüllenden Nachweise.

 

Praxistipp
Bieter sollten die Vergabeunterlagen genau studieren und im eigenen Interesse die Nachweise über ihre Eignung wie (nach-) gefordert erbringen – sonst droht der zwingende Angebotsausschluss. Und bei der Vergabe von Liefer- und Dienstleistungen sollten sich Bieter nicht darauf verlassen, dass fehlende Eignungsnachweise nachgefordert werden, da der Auftraggeber dies – anders als bei Bauvergaben - kann, aber nicht muss (vgl. § 56 Abs. 1 VgV bzw. § 41 Abs. 2 UVgO).

 

Vergabestellen sollten insbesondere bei der Übermittlung der Informationsschreiben nach § 134 GWB besondere Sorgfalt walten lassen. Ansonsten droht die Unwirksamkeit des Auftrages gemäß § 135 GWB.

 

 VK Westfalen, Beschluss vom 14.07.2021 - VK 2-20/21

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