Auswirkungen der Whistleblower-Richtlinie im Vergaberecht

23.05.2022: Die EU hat eine Richtlinie zum Schutz von Whistleblowern

(EU-Richtlinie 2019 / 1937) eingeführt, die bis zum 17.12.2021 in nationales Recht hätte umgesetzt werden müssen. Die Richtlinie bezweckt den Schutz von internen oder externen Hinweisgebern, die im Zusammenhang mit ihrer beruflichen Tätigkeit Informationen, die für einen Verstoß gegen Unionsrecht sprechen, an eine verantwortliche Stelle melden. Damit soll auch die Einhaltung der Vorschriften des Vergaberechts verbessert werden. Insoweit erfasst die Richtlinie auch öffentliche Auftraggeber.

 

Die Koalitionsver­handlungen zur Umsetzung eines Gesetzentwurfs für das sogenannten Hinweisgeberschutzgesetzes (HinSchG-E), welches das Bundesjustizministerium bereits im Dezember 2020 vorgelegt hatte, scheiterten. Eine rechtzeitige Umsetzung erfolgte nicht. Das hindert die unmittelbare Anwendung der Richtlinie für öffentliche Auftraggeber jedoch nicht. Der Grund hierfür liegt darin, dass die öffentliche Hand nicht von nicht fristgemäß umgesetzten Richtlinien profitieren soll.

 

Die Whistleblowing-Richtlinie erfasst neben privaten Unternehmen ab 50 Beschäftigten oder mit einem jährlichen Umsatz ab 10 Millionen Euro auch Gemeinden ab 10.000 Einwohnern und öffentliche Auftraggeber mit mindestens 50 Arbeitnehmern. Sie fordert die Einrichtung von Kanälen für interne Meldungen und Folgemaßnahmen. Konkret ist intern eine unparteiische Person oder Abteilung festzulegen, die für den Zugang der Meldungen und deren Nachverfolgung zuständig ist. Möglich ist auch die Auslagerung des internen Meldekanal an eine externe Stelle. Zwecks der Prüfung von Meldungen (schriftlich oder mündlich) und möglichen Nachforschungen sind Verfahren für interne Meldungen und Folgemaßnahmen einzurichten. Den Hinweisgebern ist zum einen der Eingang ihrer Meldung innerhalb von sieben Tagen zu bestätigen. Zum anderen sind sie innerhalb von drei Monaten über die ergriffenen Maßnahmen, den Stand der internen Ermittlungen und deren Ergebnis zu informieren.

 

Ein entsprechendes internes Hinweisgebersystem müssten die öffentlichen Auftraggeber bereits einzurichten haben bzw. zeitnah einrichten.

 

Im April hatte das Bundesministerium der Justiz einen neuen Entwurf eines Hinweisgeberschutzgesetz – HinSchG vorgelegt, nachdem im Januar die EU- Kommission gegen Deutschland und weitere EU-Mitgliedsstaaten ein Vertragsverletzungsverfahren wegen nicht fristgerechter Umsetzung der Whistleblowing-Richtlinie eingeleitet hatte.

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